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Basler Zeitung vom 8. Dezember 2002
Claudia Studer ist Mitarbeiterin der Gewerkschaft interprofessioneller Arbeiterinnen IGA und betreut Projekte.
BaZ: Warum arbeiten Leute in mehreren Jobs gleichzeitig?
Claudia Studer: Ich gehe davon aus, dass sie dies nicht freiwillig tun. Meist haben diese Leute einen Teilzeitjob und das Einkommen reicht ihnen nicht zum Überleben. Darum kombinieren diese Menschen meist mehrere Teilzeitjobs. Die äusseren Rahmenbedingungen - insbesondere die soziale Absicherung - sind aber schlecht für solche sehr flexiblen Kombinationen.
Was kann denn da in der Praxis Schwierigkeiten verursachen?
Das soziale Sicherungssystem ist auf die hundertprozentige Erwerbstätigkeit ausgerichtet. So gibt es etwa bei den Pensionskassen einen Koordinationsabzug. Oder es kann fast unmöglich werden, Ferien zu machen, weil ' die Arbeitgeber unterschiedliche Ansprüche haben können. Und die Ferien sind ja nicht in der Hoheit des Arbeitnehmers. Das gibt immer wieder Probleme. Dazu erwartet man von Teilzeitangestellten meist eine hohe Flexibilität. Diese ist nicht mehr gegeben, wenn zwei Jobs ausgeübt werden müssen. Es entsteht eine Art Sandwichsituation. Das sind teilweise ganz fragile Arrangements. Es geht eigentlich nur gut, wenn ganz fixe Arbeitspensen vorhanden sind, dann ist es einfacher, die Jobs aneinander vorbeizubringen.
Wer ist denn vor allem betroffen?
Meist sind Frauen betroffen, denn in den klassischen Frauenberufen stieg in den letzten Jahren das Angebot an Teilzeitjobs stark an, während in den qualifizierten Tätigkeiten nach wie vor die hundertprozentige Erwerbstätigkeit gefragt ist und es hier weniger Teilzeitangebote gibt, welche die Teilzeitarbeit für Paare mit Kindern attraktiv machen würden. Die Renteneinbusse bei der AHV ist gravierend, verglichen damit, wenn ein Partner hundert Prozent arbeitet.
Was sind die Auswirkungen einer solchen Doppelbelastung?
Es kann natürlich der Einstieg in ein neues Arbeitsgebiet sein, so dass es durchaus im Interesse eines Arbeitnehmers liegen kann. Daneben bietet aber die Verteilung auf zwei oder mehrere Teilzeitjobs keine Entwicklungsmöglichkeiten. Man sollte daneben nicht vergessen, dass eine Studie des seco (Staatssekretariat für Wirtschaft) gezeigt hatte, dass sich 11,7 Prozent der Menschen in der Schweiz unterbeschäftigt fühlen. Eine Auswirkung, die wir hier konkret zu spüren bekommen, ist, dass sich viele Menschen mit einer solchen Doppelbelastung nicht wohl fühlen. Es kommt aber stark auf die Zeitdauer an, während derer man auf diese Art und Weise arbeitet.
Was kann denn eine Lösung sein?
Es besteht sicher Handlungsbedarf beim Sozialversicherungssystem, so sollte etwa die Pensionskasse wie bei der AHV an die Person und nicht an die Firma gebunden werden. Es braucht neue Instrumente, um Leute in flexiblen Arbeitsverhältnissen ebenfalls sozial abzusichern. Die Bereitschaft zur Flexibilität sollte für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kein Nachteil sein oder kein Nachteil werden.
Interview str